Dresden. „Es ist nicht hinnehmbar, dass Diskriminierung in unseren Schulen unbearbeitet bleibt.“[1] Aus diesem Grund hat das Netzwerk für Demokratie und Courage e.V. (NDC) gemeinsam mit drei Partnerorganisationen des Kompetenznetzwerks „Demokratiebildung im Jugendalter“ ein Forderungspapier veröffentlicht. Ziel ist es, einen Veränderungsprozess einzuleiten, der Schulen zukünftig zu diskriminierungsfreien Orten werden lässt.
Die Mitglieder im Kompetenznetzwerk „Demokratiebildung im Jugendalter“ setzen sich seit über 20 Jahren für die Förderung der Demokratie in Schulen und anderen Einrichtungen ein. Die Erfahrung zeigt hierbei leider, dass Diskriminierung in Schulen nach wie vor oft unbearbeitet bleibt. Studien und Erfahrungsberichte belegen diese Beobachtungen. Täglich erleben Menschen in Schulen Diskriminierung, was zu Unwohlsein, Ohnmacht oder sogar Traumata führen kann. Ein Brandbrief zweier Lehrer_innen aus einer Schule in Burg/Spreewald zu Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie an ihrer Schule sorgte im April 2023 bundesweit für Aufsehen. Beklagt wurden fehlende Unterstützung von den Schulleitungen und -ämtern sowie von der Politik. Leider bleibt dies kein Einzelfall, da die Themen Rechtsextremismus und Diskriminierung an Schulen zu lange ignoriert wurden.
Zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik, der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung sowie mit Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage hat das NDC daher ein Forderungspapier erarbeitet, um diese Thematik zukünftig wirkungsvoll bearbeitbar zu machen.
Die Vision dahinter: Schulen werden für alle Menschen zu diskriminierungsfreien, demokratischen Orten!
Folgende fokussierte Forderungen werden im Forderungspapier ausführlich beschrieben:
1. LADG müssen erlassen und das AGG reformiert werden.
In allen Bundesländern müssen Landesantidiskriminierungsgesetze (LADG) erlassen werden. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) muss durch die Bundesregierung reformiert und Länderschulgesetze bzw. Verordnungen um entsprechende Regelungen präzisiert werden, um den Schutz vor Diskriminierung auf alle Lebensbereiche auszuweiten und ein Referenzobjekt zu schaffen. Auf diesem Weg soll die vertiefte Bearbeitung von Diskriminierung in Schulen legitimiert und mit einem präzisen Veränderungsauftrag versehen werden.
2. Schulleitungen brauchen einen klaren Auftrag.
Die Leitungen von Schulen müssen von den Bildungs- bzw. Kultusministerien bzw. Schulämtern mit einem konkreten Veränderungsauftrag für die Bearbeitung von Diskriminierung ausgestattet werden, um nachhaltige Veränderungen voranzutreiben. Bisher fehlt eine flächendeckende Grundstruktur für die Bearbeitung und Verhinderung von Diskriminierung in Schulen.
3. Das Thema Antidiskriminierung gehört in die Lehrkräfteausbildung.
In Hochschulen und Vorbereitungsdiensten (Referendariat) müssen Lehrpläne um Inhalte ergänzt werden, welche angehende Lehrkräfte für die Bearbeitung von Diskriminierung sensibilisieren und deren Handlungskompetenzen stärken. Diese Inhalte sollen Pflichtvoraussetzung für den Studienabschluss sein.
4. Schulen brauchen konkrete Maßnahmen, um Diskriminierung zu bekämpfen.
Akteur_innen in der Schule müssen den rechtlichen Rahmen kennen, ein Präventions- und Handlungskonzept entwickeln, eine unabhängige Beschwerdestelle angeben, diskriminierende Vorfälle erkennen und verabreden, wie und von wem ggf. auftretende Vorfälle zeitnah bearbeitet werden.
5. Es müssen finanzielle Mittel für Schulen, Hochschulen und Vorbereitungsdienste bereitgestellt werden.
Die Bundes- und Landesregierungen müssen entsprechend ihren Verantwortlichkeiten Schulen, Hochschulen und Vorbereitungsdiensten (Referendariat) für die anstehenden Veränderungsprozesse zusätzliche, zeitlich begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, belastbare Unterstützungsstrukturen bereitstellen und übergreifende Vernetzungs- und Austauschräume etablieren.
Hintergründe Prozess
Am 27.06.2023 sowie am 28.02.2024 führte das NDC jeweils eine Fachveranstaltung durch, auf der Vertreter_innen von Kultus- bzw. Bildungsministerien, Hochschulen, Studienseminaren, Schulämtern, der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sowie der Landesdemokratiezentren gemeinsam diskutierten, welche Maßnahmen es braucht, um schulische Bildungseinrichtungen für alle Menschen zu sichereren demokratischen Orten werden lassen können.
Das NDC ist ein in 13 Bundesländern agierendes Netzwerk, in dem sich junge Menschen freiwillig für eine demokratische Kultur und gegen menschenverachtendes Denken engagieren. Bundesweit bildet das NDC freiwillig Engagierte als Teamer_innen aus, die an Schulen und Bildungseinrichtungen Projekttage und Seminare zu Themen wie Diskriminierung, Rassismus, Sexismus, Antisemitismus und andere menschenverachtende Einstellungen umsetzen. Ziel der jeweiligen Projekttage ist es, Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu mehr Zivilcourage und demokratischem Handeln zu ermutigen.
Gern stehen wir Ihnen für Fragen und weitere Auskünfte zur Verfügung.
[1] Aussage einer Schuldirektorin in einem Workshop mit dem Netzwerk für Demokratie und Courage e.V.